Es herrscht reges Treiben in den Kunsträumen von Frau Hefter und Herrn Rieder. Ein riesiges Tuch liegt ausgebreitet auf zusammengeschobenen Tischen und mehrere Schülerinnen arbeiten konzentriert an der farblichen Gestaltung einer Ananas im Großformat. Es bleibt nur wenig Zeit. Morgen muss das Kunstwerk fertig sein, – rechtzeitig zum diesjährigen Sommerkonzert des Gymnasiums Immenstadt, denn die in bunten Farben leuchtende Ananas stellt die Bühnendekoration dar und soll die musikalischen Darbietungen die Musiker und Musikerinnen optisch perfekt in Szene setzen.
Erst auf den zweiten Blick fällt auf, dass an der riesigen Stoffbahn lange Henkel befestigt sind und dass nicht nur die Ananas im Mittelpunkt steht, sondern auch der Gegenstand, den sie verziert: eine überdimensionale Fairtrade-Einkaufstasche.
Die Geschichte dieser Tasche mit der Ananas begann eigentlich schon im letzten Herbst, als sich das Fairtrade – Team des Gymnasiums Gedanken über die Aktionen machte, die in diesem Schuljahr stattfinden sollten. Beim 1. Treffen entstand die Idee, Stofftaschen mit selbst gestalteten Fairtrade- Logos zu bedrucken. In Zusammenarbeit mit dem Weltladen Immenstadt entdeckten wir dann die Firma Colombo 3 in Sri Lanka, die alle Kriterien erfüllt, die uns im Zusammenhang mit Fairtrade wichtig waren: gerechte Löhne, faire Arbeitsbedingungen und Verwendung von Rohstoffen aus ökologischem Anbau.
Bei der genaueren Beschäftigung mit Colombo 3 konnten wir einen Einblick gewinnen in die Situation und die Lebensbedingungen der Menschen, die unsere Taschen genäht haben. Sri Lanka ist ein sehr armes Land mit großen wirtschaftlichen und sozialen Problemen. Durch einen jahrzehntelangen Bürgerkrieg und vor allem durch die Auswirkungen des Tsunamis im Dezember 2004 hat sich die Lebenssituation der Menschen dort extrem verschlechtert. Insbesondere Frauen in Sri Lanka haben große Probleme ihre Familien zu versorgen, da sie oft vom wirtschaftlichen Leben ausgeschlossen sind.
Martina Lenz, die Gründerin von Colombo 3, kam nach dem verheerenden Tsunami 2004 nach Sri Lanka und beschloss aktiv zu werden, um den Menschen vor Ort zu helfen. Ihr wurde bewusst, dass man es den Menschen ermöglichen musste, Wissen und Fähigkeiten zu erwerben, um sich eine eigene Existenz aufzubauen. So gründete sie 2011 ihre Firma, in der Arbeitsplätze für Näherinnen, Weberinnen und Batikarbeiterinnen geschaffen wurden, – benannt nach dem 3. Distrikt von Colombo, der Hauptstadt Sri Lankas, wo die Idee für das Projekt entstand.
Vom Baumwollfaden bis zum Endprodukt wurden unsere Fairtrade- Einkaufs- Taschen in Sri Lanka hergestellt. Die dafür verwendete Baumwolle stammt aus einer Familienkooperative in Nordindien aus biologisch – nachhaltigem Anbau, d.h. es durften beim Anbau keine Pestizide und künstliche Düngemittel verwendet werden, was den Menschen und der Natur zugutekommt. Der Stoff wurde dann in Sri Lanka gesponnen, gewebt, zugeschnitten und genäht. Colombo3 legt Wert darauf, dass die Wertschöpfung in Sri Lanka stattfindet und so die Produzenten vor Ort davon profitieren.
Die weitere Verarbeitung der Baumwolltaschen erfolgte dann nach ihrer Ankunft in Immenstadt unter der Leitung von unserer Kunstlehrerin Frau Hefter. Von den 6. und 7. Klassen wurden wunderschöne Motive entworfen und dann auf den Baumwollstoff gedruckt wurden, so dass jede Tasche ein besonderes Unikat darstellt.
Aus der Vielzahl der Motive wählten dann die Schüler und Schülerinnen die Ananas aus, um beim Sommerkonzert im Mittelpunkt zu stehen. Die Taschen selbst können morgen beim Konzert natürlich auch käuflich erworben werden. Beim Einkaufen sollen uns die in sommerfrischen Farben gedruckten Motive der Taschen daran erinnern, dass wir als Einzelne auch im Alltag Verantwortung für Gerechtigkeit in der Einen Welt übernehmen können.
Beim Einkaufen einen Schritt weiter denken und weltbewusster konsumieren. Aus welchen Ländern und Regionen stammen die Produkte, die wir in unserer Einkaufstasche verstauen? Welche Rohstoffe wurden verwendet und unter welchen Bedingungen wurden sie angebaut? Wie geht es den Menschen, die sie für uns hergestellt haben? Mit unserem Einkauf können wir bewirken, dass sich ökologische und soziale Standards immer mehr durchsetzen. Es wäre schön, wenn unsere Fairtrade – Taschen dazu einen kleinen Beitrag leisten könnten!