In der „etwas anderen“ Adventsfeier wird die Idee der „gerechten Welt“ vielfältig aufgegriffen

Eine öffentliche Adventsfeier für Lehrer, Eltern und Schüler hat an der Liebfrauenschule eine lange Tradition.  Ebenso Tradition ist es, dass hier Klassen oder Arbeitsgemeinschaften den Raum finden, ein bestimmtes, weihnachtliches Thema in Gesang, Musik, Tanz oder Theater aufzugreifen und das Publikum auf Weihnachten einzustimmen. In diesem Jahr war zunächst vieles wie sonst. Das Motto dieses Jahres lautete: „Gemeinsam  und fair durch den Advent“. Und was als ein wenig weihnachtliches  und recht sperriges Thema anmutete, entpuppte sich im Laufe des Abends als Zugang zur adventlichen Botschaft schlechthin.

Was die diesem Thema verpflichteten Akteure wie Tau-Band (Armin Dreher), Schulchor (Sara Schmid), Orchester (Michael Eisele) oder die Schulband „Lize All Stars“ (Michael Eisele) auf die Beine stellten, konnte sich sehen lassen. Jedoch waren sie in diesem Jahr, und das war anders als sonst, vor allem Rahmenprogramm für einen feierlichen Festakt – die Verleihung der Zertifizierungsurkunde als Fairtrade-Schule durch Astrid Saalbach von der gemeinnützigen Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit Baden-Württemberg (SEZ), Stuttgart. Die Liebfrauenschule ist damit im Kreis Sigmaringen Vorreiter.

„Christliches Handeln heißt faires Handeln“, fasste Schulleiter Gerald Eisen in seiner Begrüßung  zusammen, warum der große Stellenwert für den „gerechten Handel“ eine logische Konsequenz des christlichen Bildungsauftrages seiner Schule sei. Dazu zitierte er aus der Enzyklika „Laudato Si“ von Papst Franziskus: „Wir Menschen müssen den Gebrauch der nicht erneuerbaren Reserven aufs Äußerste beschränken, den Konsum mäßigen, die Effizienz der Ressourcennutzung maximal steigern und auf Wiederverwertung wie Recycling setzen.“ Die Frage sei, welche Welt man denen übergeben wolle, die nach uns kämen, so Eisen. Und der Schule komme bei der Bewahrung der Schöpfung eine zentrale Rolle zu, denn die Schule säe in jungen Jahren aus, was später als Erwachsene Wirkung haben und Kreise ziehen könne.

Erster Höhepunkt des Abend war sicherlich der Auftritt der Fairtrade- und Umwelt-AG mit Lehrer Gerhard Stumpp, die dafür gesorgt hatte, dass die Liebfrauenschule die 71. Fairtrade-School in Baden-Württemberg wurde bei mehr als 4.000 Schulen insgesamt.

Die Grundlage hierzu hatte Regina Maria Gut, heute stellvertretende Schulleiterin, bereits im Jahr 1998 gelegt, als sie zum ersten Mal einen Verkauf von fair gehandelten Süßigkeiten an der Schule abhielt. Regelmäßiger Verkauf in den Mittagspausen und sogar ein eigener Fair-Trade-Kiosk folgten. Gerhard Stumpp wiederum gründete eine Solar-und-Umwelt-AG. Aus diesen und weiteren Aktionen entwickelte sich schließlich der AK ÖkoFair, in dem die letzten Schritte zur Zertifizierung vorbereitet wurden.

Eindrucksvoll  als Nikolaus verkleidet trat Stumpp mit dem die Rute schwenkenden Knecht Ruprecht auf die Bühne: „Ich zieh in der ganzen Welt umher, ich will euch sagen, Fairtrade freut mich sehr.“ Er verteilte Lob und Tadel an die Schulgemeinschaft der Liebfrauenschule und zeigte mit seiner AG, wie „gerechter Handel“ an der Schule noch besser umgesetzt werden könnte: So wurden die Eltern daran erinnert, Hefte mit blauem Umweltengel zu kaufen, und die Schulleitung daran, dass es zwar gut und schön sei, externe Prüfer mit gesunden Obstkörben zu verwöhnen, es aber doch noch besser sei, Bananen  mit Umwelt-Siegel zu verschenken.

Die Liebfrauenschule unterstützt seit einem Jahr zwei Projekte in Kenia, Afrika, die sich beide um Waisen-bzw. Slumkinder kümmern und versuchen, diesen Kindern eine Lebensperspektive zu ermöglichen. In einem Film und einem Bericht von drei Siebtklässlerinnen (Einstudierung Christina Pollpeter-Langeheinecke und Laure Soccard) erfuhren die Besucher, wie die Arbeit der Organisationen dort konkret aussieht. Ganz besonders begeistert über dieses Engagement für Benachteiligte in anderen Erdteilen zeigte sich Astrid Saalbach von der Stiftung Entwicklung-Zusammenarbeit Baden-Württemberg, die zur Überreichung der Urkunde an die Liebfrauenschule extra aus Stuttgart angereist war. „Gemeinsam. Nachhaltig. Handeln“ ist das Motto dieser Stiftung, die sich für global verantwortungsvolles Handeln einsetzt. Fairer Handel garantiere vom Weltmarktpreis unabhängige, stabile, faire  Preise z.B. von Bananen, Schokolade, Handys oder auch Blumen und verbessere so die Lebensbedingungen von Menschen  in anderen Teilen der Welt. Die Kampagne zur Auszeichnung von Fairtrade-Schulen gibt es in Baden-Württemberg erst seit drei Jahren und die fünf Kriterien zur Auszeichnung habe die Liebfrauenschule im Rekordtempo von nicht einmal einem Jahr erfüllt: Die Bildung eines Fairtrade-Teams, das Erstellen eines Fairtrade-Kompasses, der Verkauf von fair gehandelten Produkten an der Schule, die Behandlung des Themas im Unterricht sowie einmal im Jahr eine besondere Aktion. Jetzt gelte es „dran“ zu bleiben, denn die Auszeichnung gelte zunächst einmal für zwei Jahre.

Der stellvertretende Bürgermeister Elmar Belthle gratulierte im Namen der Stadt Sigmaringen zur Auszeichnung und lobte die Liebfrauenschule überschwänglich als eine „Schule, die sich in vorbildlicher Weise mit der einen Welt befasst“ und diese Idee „gelebt und vorgelebt“ habe. Für die ganze Stadt sei dies ein besonderer Tag, jedoch „sollten auch wir als Stadt den Weg zur Fair-Trade-Stadt gehen“. Nun gebe es mit der Liebfrauenschule ja jemand, der auf diesem Weg helfen könne.

Sämtliche künstlerischen Show-Einlagen griffen den Gedanken der „einen Welt“ auf: Die Tau-Band (Leitung Armin Dreher) eröffnete den Abend mit dem Lied „Was soll aus dieser Erde werden“ und stellte eindrücklich musikalisch dar, dass sich unsere heutige Gesellschaft zwar mit Flüchtlingen, Naturkatastrophen, Hass und Streit  konfrontiert sieht, aber diese bereits in der Bibel auftauchen. Es stellt sich bei diesen offenbar immerwährenden Aufgaben die Frage: „Was wird aus uns, wenn wir nicht Kinder dessen werden, der uns als Kinder seiner Erde schuf?“ Gerade die Hoffnung, so die Antwort des Spiel „Hoffnungslichter“ der Klassen R 8a,b,c, (Einstudierung Daniela Löffler und Katrin Wrabetz) dürfe in unserer Welt nicht verloren werden, um eine Veränderung hin zu einer besseren, gerechteren Welt erreichen zu können. Selbst wenn Liebe, Glaube und Frieden verloren gingen, so könnten sie doch durch das immerwährende Licht der Hoffnung wieder entzündet werden. Musikalisch setzte das 40-köpfige Schulorchester unter Michael Eisele mit einer herausragenden Bläserleistung besondere Akzente. Stepptanz zu irischer, weihnachtlicher Folklore (Tanja Ettwein), der Schulchor (Sara Schmid), der „Happy Xmas“ wünschte, sowie die gelungen aufspielenden Jungs der Cajon-AG (Richard Fischer) sorgten für Einblicke in den Advent in anderen Teilen der Welt. Und die rhythmische Sportgymnastik (Christina Pollpeter-Langeheinecke) drückte  mit ihrem selbst choreographierten und elegant ausgeführten afrikanischen Tanz  eindrucksvoll die Verbundenheit der Schulgemeinschaft mit den beiden neuen Schulprojekten aus.

Zum Ende hin schloss sich der Bogen mit dem Lied zur einen Welt, „We are the world“, gesungen von der Schulband und getanzt von den Mädchen der rhythmischen Sportgymnastik, und ein stimmungsvoller, aber  gleichzeitig nachdenklich stimmender Abend ging zu Ende, der dem Begriff  „Advent“  doch auf so einzigartige Weise entsprach: Er bezog sich weniger auf die Einstimmung auf Weihnachten, sondern zeigte sich vor allem im Gedanken der Nächstenliebe, dem ja der Weg der Liebfrauenschule zugrunde liegt. Konsequenterweise wurden sämtliche Einnahmen aus den während der Veranstaltung stattfindenden Verkäufen von Eine-Welt-Produkten sowie Selbstgebasteltem den Keniaprojekten der Liebfrauenschule gespendet.

Diese beeindruckende Auszeichnung der Liebfrauenschule erfüllt uns, d.h. die gesamte Schulgemeinschaft, also Eltern, Lehrer und Schüler mit unbändigem Stolz. Jedoch fühlen wir auch eine gewisse Verantwortung, den Weg weiterzugehen und noch den einen oder anderen mitzureißen.

 

Autorin: Tanja EttweinLogo für die Zertifizierung Der Fairtrade-Nikolaus Zertifizierungsmoment