Gellende Rufe, lauter Gesang, wirbelnde Trommelrhythmen — die sechsten Klassen der Karla-Raveh-Gesamtschule erlebten am 7. Mai 2018 einen ganz besonderen „Unterricht“.
Das Hope Theatre Nairobi war zu Gast mit seinem „Fair Trade Play“, um den Schülerinnen und Schülern mit Spielszenen, Gesang, Tanz, Trommelmusik und Akrobatik Zusammenhänge zwischen Welthandel, Erzeugungsbedingungen und Klimafolgen aufzuzeigen. Die Lehrkräfte Christiane Türke und Philipp Schmidt-Rhaesa hatten den Kontakt zum Hope Theatre Nairobi hergestellt. Das Wandertheater ist seit Februar in Deutschland an Schulen unterwegs, um seine mitreißende Version politischer Aufklärung zu bieten.
„Fair Trade“ kennt man an der Gesamtschule nicht erst seit dem letzten Jahr, als sie das FairTrade-Siegel verliehen bekam. Eine hier von den Mitgliedern der „Fair Trade – Arbeitsgemeinschaft“ regelmäßig verkaufte fair gehandelte Schokolade hat fast jeder schon einmal in der Hand oder im Mund gehabt. Eine Tafel dieser „Guten Schokolade“ wurde am vergangenen Montag auch zum Requisit der Theatreaufführung.
Die neun Schauspielerinnen und Schauspieler aus Kenia zeigten in kurzen Spielszenen, was sie unter „fair“ verstehen: angemessene Bezahlung der Arbeit, Gleichberechtigung der Geschlechter und die Überwindung ausbeuterischer Strukturen in Landwirtschaft und Handel. Oft komme es den Frauen zu, Änderungen anzustoßen: Männer regieren die Welt – Frauen ändern sie, war das Fazit einer Szene.
Nicht alle Schülerinnen und Schüler konnten dem afrikanisch gefärbten Englisch der Akteure folgen, aber immer wieder wurden Teile des Texts vom deutschen Tourneebegleiter übersetzt. Allerdings verstanden alle sofort die Aufforderung, einige afrikanische Tanzschritte zu lernen. Zum Erstaunen der Truppe stürmte weit mehr als die Hälfte der 180 Sechstklässler auf die Bühne, um Hüften, Arme und Beine zu schwingen.
Neben den Tänzen und den gellenden Rufen der Spielerinnen wird den Schülerinnen und Schülern eins ganz besonders im Gedächtnis bleiben: die im Video gezeigten blutig gearbeiteten Hände eines kenianischen Kindes, das für einen kümmerlichen Lohn Kakaofrüchte erntet.
Am Schluss durften die Gäste aus Nairobi nach Herzenslust ausgefragt werden. Die Gesamtschüler staunten, dass sie monatelang in Deutschland auf Tournee sind, um damit auch ihre Familien zu unterstützen, die ohne ihre Arbeit teilweise nicht überleben könnten. Den Kontakt zum Fair-Trade-Netzwerk bekamen sie durch die Besichtigung einer Rosenplantage, die im Zeichen fairer Produktionsbedingungen steht.
Und was ist aus der eingangs erwähnten Schokolade geworden? Eine spontan ausgewählte Schülerin bekam sie in die Hand gedrückt und wurde von einem anderen Schüler gefragt, ob sie teilen wolle — was sie nach einer eindringlichen Wiederholung der Frage dann auch tat. „When we share, it will be the beginning of a new economy“, formulierte einer der Spieler: Teilen ist der Beginn einer neuen Wirtschaftsordnung. Hier konnten das junge Publikum verstehen, dass eine kleine Geste auch Modell für globale Prozesse sein kann.