Im Rahmen des Deutschunterrichts recherchierten die Schülerinnen und Schüler der Klasse 9 zunächst einmal, um was es sich bei Fairtrade überhaupt handelt und wie es funktioniert. “Ein Grundwissen braucht man da schon”, meinte Jan-Elric, der sich vorgenommen hat, mit einigen Mitschülern den Vorsitzenden der Eine-Welt-Gruppe hier in unserer Stadt zu interviewen.

Da zum Interviewtermin Herr Bauer doch verhindert war, kam seine Stellvertreterin, die sehr kompetent mit den Fragen von Jan-Elric und Co umging. Entrüstet zeigte er sich, als er erfuhr, dass Michael Jordan mit der Vermaktrung seiner Sportschuh-Reihe mehr verdient als alle an der Produktion beteiligten Arbeiter zusammen.

Dennoch ließen sich die Neuntklässler nicht nehmen, ihre Fragen Herrn Bauer per E-Mail zu schicken. Hier sind die Anworten:

 

Hallo liebes Schulteam „Be Fair – KDR“ !

 

Mein Name ist Klaus Bauer. Ich bin Vorsitzender der Eine-Welt-Gruppe Wesel e.V., der auch den Weltladen esperanza unterhält (Schon mal von dem Laden gehört?). Außerdem leite ich die Eine-Welt-Jugendgruppe und bin im Team Fairtrade-Stadt Wesel aktiv!

 

Ich finde es sehr cool, dass die KDR Fairtrade-School werden will und dass Ihr Schüler das engagiert voranbringt!

 

Natürlich wäre es auch viel besser, wenn wir uns mal persönlich kennen lernen würden, aber ich versuche mal, Eure kurzen Fragen auch kurz und knackig zu beantworten:

 

  1. Ich muss Euch enttäuschen – mit Fairtrade kann man nicht gut Geld verdienen! Wir im Weltladen esperanza arbeiten alle ehrenamtlich, wir verdienen damit also keinen müden Euro! Aber für uns ist viel wichtiger, dass die Produzenten, die Kleinbauern und Handwerksbetriebe auf der Südhalbkugel in Afrika, Südamerika und Südostasien für ihre Arbeit einen angemessenen Lohn bekommen, von dem sie leben können – und nicht wie bisher ausgebeutet werden. Und deswegen verkaufen wir im Weltladen esperanza diese Produkte zu meistens etwas höheren Preisen, denn wir finden, dass Ausbeutung nicht OK ist.

 

  1. Mich für den Fairen Handel zu engagieren, macht mir Spaß, aber manchmal ist es auch sehr mühsam, die Menschen hier zu überzeugen, die immer nur auf billig, billig, billig achten und denen es egal ist, wo das Produkt herkommt und ob der Produzent vom Verdienst leben kann oder nicht.

 

  1. Ich finde, dass unser Weltwirtschaftssystem ungerecht ist und ich kann nicht gut damit leben, dass es uns auf Kosten anderer so gut geht. Und dann habe ich mir überlegt, welche Alternativen es gibt und bin auf den Fairen Handel gestoßen. Ich habe in Wesel lange Jugendarbeit gemacht und schon auf den Kinder- und Jugendfreizeiten regelmäßig Eine-Welt-Tage durchgeführt, um die jungen Leute dafür zu interessieren.

 

  1. Siehe 3.

 

  1. Der Weltladen esperanza bekommt seine Waren von insgesamt 25 Fairhandelshäusern in ganz Deutschland. Das bekannteste Fairhandelshaus heißt GEPA und ist in Wuppertal. Die GEPA und die anderen haben direkten Kontakt zu Erzeugergenossenschaften, Kooperativen, Handwerksbetrieben auf der Südhalbkugel und bekommen die Waren direkt von dort. Die Handelswege sind transparent – man kann sogar im Internet sehen, wo der Kakao, die Mango, die Banane, der Kaffee, der Honig oder der Wein herkommen. Es gibt keine Zwischenhändler, die noch mitverdienen wollen.

 

  1. Die Produkte im Weltladen kommen aus Süd- und Mittelamerika (Chile, Peru, Ecuador, etc.), aus Afrika (Tansania, Elfenbeinküste, Ghana, Nigeria, etc.) und aus Asien (Indien, Pakistan, Nepal, Indonesien, Philippinen, etc.)

 

  1. Ich bin kein Weltenbummler – also ich reise nicht dorthin, wo die Produkte hergestellt werden. Aber es gibt natürlich viele Länder, in denen der Faire Handel überhaupt keine Rolle spielt. Und auch bei uns in Deutschland kaufen die Menschen in der Regel nicht Produkte aus dem Fairen Handel, sondern achten beim Einkauf darauf, was besonders billig ist! Und billig kann nicht fair sein!

 

Es gibt viele Länder, in denen die Menschen und ihre Arbeitskraft ausgebeutet werden, wo Kinder versklavt werden, wo es nur einen Hungerlohn oder schlechte Arbeitsbedingungen gibt. Denkt nur an die Herstellung von Kleidung in Bangladesh oder an die Minen, aus denen kleine Kinder die Edelmetalle für unsere Smartphones rausholen müssen – unter menschenunwürdigen Bedingungen! Also Fair geht´s in der Produktion häufig nicht zu – es geht den Firmen oder Plantagenbesitzern in der Regel darum, möglichst schnell möglichst viel Geld zu verdienen.

 

  1. Ich war schon mal in El Salvador – und dort gibt es auf Bananen- oder Ananasplantagen auch ausbeuterische Kinderarbeit! Im Fairen Handel ist ausbeuterische Kinderarbeit verboten!!

 

  1. Ich bin Schulsozialarbeiter an der Realschule und der Gesamtschule in Hamminkeln – damit verdiene ich mein Geld. Meinen Einsatz für den Fairen Handel mache ich ehrenamtlich – nachmittags oder abends oder am Wochenende!

 

  1. Die beliebtesten Nicht-Fairtrade-Produkte? Keine Ahnung, aber ich denke, dass bei Euch die Smartphones und die Spielekonsolen ganz oben stehen – und die werden leider nicht fair hergestellt.

 

  1. Bei uns im Weltladen sind sehr beliebt: Kaffee, Schokolade, Bananen, Honig, Tee, aber nicht nur Lebensmittel, sondern auch Schmuck, schicke Tücher, Trommeln, Fußbälle, Handtaschen und Blechautos! Am besten, Ihr kommt mal vorbei – dann könnt Ihr euch selbst von der Vielfalt und Schönheit der Produkte aus dem Fairen Handel überzeugen!

 

  1. Fairtrade wird von den Menschen unterstützt, die Fairtrade-Produkte kaufen und nutzen. Wer z.B. fair gehandelte Schokolade kauft, tut nicht nur etwas für sich, sondern unterstützt damit indirekt auch den Kakaobauern in Ghana!

 

  1. Die Verbreitung von Fairtrade nimmt in Deutschland immer mehr zu – es gibt jedes Jahr Wachstumsraten. Aber Holland, Belgien, Österreich oder England sind da viel weiter – dort kaufen die Menschen pro Kopf deutlich mehr Fairtradeprodukte. Aber Deutschland holt auf – und wenn Ihr Fairtrade-School werdet, dann tragt ich auch etwas dazu bei!

 

  1. Ja, Wesel ist seit 2010 Fairtrade-Stadt – übrigens die 10. In Deutschland! Die Eine-Welt-Jugendgruppe hat die Politiker im Rathaus davon überzeugt, dass die Verwaltung und die Stadt Wesel fair einkaufen muss und mit gutem Beispiel vorangehen muss.

 

Mir hat´s Spaß gemacht, auf Eure Fragen zu antworten!

 

Ich bin dafür, dass Ihr mal den Weltladen esperanza besucht – dort können wir uns dann mal persönlich kennen lernen!

 

 

Herzlich grüßt                 Klaus Bauer