Bist du fair… wenn du dich kleidest?

Fairer Handel ist kein Selbstläufer, sondern braucht langen Atem: Der Infotag „Globale Wirtschaft und Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie“ am 23. Juni 2015 am Berufskolleg Elberfeld in Wuppertal offenbarte, dass die Abschaffung von Kinderarbeit und ausbeuterischer Fabrikarbeit nicht zum Nulltarif zu haben ist.

Der Infotag umfasste den ganzen Unterrichtstag zweier Klassen der Höheren Berufsfachschule Wirtschaft („Höhere Handelsschule“) am BKE und wurde von vier Teamern des Informationsbüro Nicaragua e.V.* durchgeführt. Dabei gingen die Teilnehmer von ihren eigenen Wünschen für ihre zukünftigen Berufe aus und verglichen diese mit den Arbeitsbedingungen, wie sie in Bangladesh, Pakistan oder China herrschen – den Ländern, in denen der Großteil unserer Kleidung heute gefertigt wird. Dort arbeiten die Menschen oft 70, 80 oder sogar 90 Stunden pro Woche, auf engstem Raum, ohne das Anrecht auf Pausen und angemessenen Arbeitsschutz: die giftigen Dämpfe beim Färben der Kleidung führen zu Krankheiten und verkürzen das Leben der Menschen beträchtlich. Keiner der Schülerinnen und Schüler würde unter diesen Bedingungen arbeiten wollen.

Und wer hätte gedacht, dass vom Endverkaufspreis eines 70 Euro teuren Markensportschuhs in Deutschland nur 1,16 Euro als Lohn an die Fabrikarbeiter/innen gehen? Bekämen die Arbeiterinnen und Arbeiter Löhne, die zum Überleben der Familie reichen, ohne dass dafür auch die Kinder arbeiten müssten, würden sich die Lohnkosten nur um 72 Cent verteuern.

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Doch selbst diese Mehrkosten lehnen globale Textilkonzerne ab. Stattdessen liefern sich hierzulande H&M, C&A, Kik oder Esprit wahre Rabattschlachten. Weiteren Preisdruck übt seit einigen Jahren die irische Bekleidungskette Primark aus. Der anstehende Neubau einer Primark-Filiale am derzeit umgebauten Bahnhofsvorplatz „Döppersberg“ in Wuppertal erregt seit Monaten die Gemüter in der Stadt. Ein Vertreter der Bürgerinitiative „K-Pri – kein Primark am Döppersberg“ informierte die Schülerinnen und Schüler am Ende des Infotages über die Gründe für ihr Engagement und warum sie die Ansiedelung der Primark-Filiale als „erstes Geschäft“ der früheren Textilhochburg Wuppertal ablehnt.

P1070532bDie lebendige und kontroverse Diskussion zeigte, dass der noch immer gültige Widerspruch von „Billig Shoppen“ und fairen Arbeitsbedingungen nicht leicht aufzulösen ist. Und weil auch das Ausweichen auf teurere Geschäfte als Primark oftmals keine Garantie für bessere Arbeitsbedingungen in Entwicklungs- und Schwellenländern darstellt, wurde deutlich, dass man nicht darum herum kommt, sich persönlich zu informieren, wo es fair gehandelte Textilien zu kaufen gibt.

Letztlich muss man sich auch entscheiden: Billige Klamotten von schlechter Qualität in großen Mengen kaufen oder fair gehandelte und qualitativ hochwertige Kleidung im Internet suchen – und sich daran länger freuen.
Insgesamt ein gelungener Tag mit vielen neuen Informationen. Wir bleiben am Ball!

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* Das Informationsbüro Nicaragua e.V. mit Sitz in Wuppertal bietet zahlreiche, oft kostenlose Workshops im Bereich „Globales Lernen“ zu Themen wie Globalisierung, Menschenrechte, Klimawandel oder Lateinamerika an und kann von Schulen oder freien Bildungsträgern in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Rheinland-Pfalz gebucht werden.
Webseite: http://www.informationsbuero-nicaragua.org/neu/