Auf Einladung der Fair-AG des Driland-Kollegs in Kooperation mit der Kolpingsfamilie Gronau hat Benjamin Pütter am Montagabend vor interessierten Bürgern über ausbeuterische Kinderarbeit in Indien berichtet. Dass sogar an unseren Grabsteinen indische Kinder gearbeitet haben, zeigt, wie weit die Auswirkungen der Globalisierung gehen.

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Als am Freitag zum Weltkindertag die Kleinen mal ganz groß waren, flog mancher Ball durch die Gronauer Bürgerhalle. Hergestellt hat den Ball vielleicht die elfjährige Sofia, die noch nie eine Schule besucht hat, sondern stattdessen jeden Tag in der Hütte ihrer Eltern zwei Bälle nähen muss, um mit den so verdienten 20 Rupien (26 Cent) zum Unterhalt der Familie beizutragen. Hierauf machte der „Weltspiegel“ in seiner Ausgabe vom Sonntag aufmerksam.

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Das zu verändern, hat sich Benjamin Pütter seit 25 Jahren zur Aufgabe gemacht: Im Namen von Misereor und seines selbst gegründeten Vereins Xertifix öffnete er am Abend etwa 80 interessierten Gronauern im Driland-Kolleg die Augen für die Dimensionen des Unrechts: 20 Millionen Kinder leiden weltweit unter ausbeuterischer Kinderarbeit. Mit den Worten: „Die Fotos, die ich Ihnen jetzt zeigen werde, werden einige von Ihnen schockieren“, beginnt Pütter seinen Vortrag. Aber auch ohne diese Bildeffekte schockieren schon alleine die puren Fakten: Die Lebenserwartung von Menschen in indischen Steinbrüchen beträgt zwischen 30 und 45 Jahren. Aufgrund fehlender Arbeitsschutzmaßnahmen haben alle Arbeiter und ihre Familienangehörigen in indischen Steinbrüchen Staublungen, an denen sie sterben. Das ist bedauerlich, aber es hat nichts mit dem Münsterland zu tun, könnte man meinen. Doch die dort hergestellten Steine werden in Deutschland für Küchenplatten, Grabsteine, Garten- und Pflastersteine verwendet, denn sie sind billiger als die in Europa gefertigten Steine.

Je billiger der Stein, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass die gekaufte Ware auf Kosten eines Kinderlebens hergestellt wurde: Immerhin kommt der überwiegende Teil der „deutschen“ Pflastersteine aus Indien, China und Vietnam.

In seinem Kampf gegen die Ausbeutung der Schwächsten in den Steinbrüchen Indiens hat Benjamin Pütter prominente Mitstreiter: Der ehemalige Bundesarbeitsminister Norbert Blüm unterstützt Pütters Arbeit seit Jahren und auch mit dem Friedensnobelpreisträger 2014, Kailash Satyarthi, befreit Pütter seit mehr als 20 Jahren Kindersklaven aus ihren Arbeitsstätten.

Gronau wird in seinem Vortrag vom Referenten positiv hervorgehoben: Aufgrund der Ratsbeschlüsse der Vergangenheit wird Gronau auf der deutschen Landkarte als Kommune verzeichnet, die auf Produkte aus ausbeuterischer Kinderarbeit verzichtet (aktiv-gegen-kinderarbeit.de). Das zeigt, dass der Ausspruch der Gronauer Bürgermeisterin am Weltkindertag („Kinderpolitik gehört an die oberste Stelle der Agenda.“) nicht nur für die deutschen Kinder gilt, sondern zumindest hier auch für die Kinder in Ländern, in denen die bestehenden Gesetze nicht umgesetzt werden.

An Gesetzen mangelt es übrigens beinahe nirgendwo: Auch Indien wird in Kürze ein gesetzliches Verbot der Kinderarbeit in seinem Parlament verabschieden. Zynischerweise wird dadurch allerdings die Kinderarbeit nach Experteneinschätzungen eher noch zunehmen: Findet die Arbeit nämlich in einem Familienbetrieb statt, soll sie weiterhin legal sein – so will es das neue Gesetz in Indien, wo die meisten Kinderarbeiter zu Hause schuften.

Pütters Vortrag zeigt auch, dass neben der Kommune auch der einzelne Konsument etwas tun kann: bewusster kaufen – etwa Bälle und Grabsteine.

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Am Dienstag veranstaltete Benjamin Pütter mit Studierenden des Driland-Kollegs und Schülern der Fridtjof-Nansen-Realschule sowie des Werner-von Siemens-Gymnasiums einen Workshop zum Thema.

(http://www.wn.de/Muensterland/Kreis-Borken/Gronau/2123421-Vortrag-ueber-Kinderarbeit-Schuften-statt-Schule und http://www.wn.de/Muensterland/Kreis-Borken/Gronau/2118343-Benjamin-Puetter-referiert-am-Montag-Ausbeuterische-Kinderarbeit)