„Alles, was wir tragen, ist aus Menschenhand entstanden“: Diese Kernaussage aus dem Film The True Cost: Woher kommt die Billigkleidung konnten die SchülerInnen der Constantin Vanotti Schule nicht nur im “Fairtrade-Kino” anhören, sondern während des “Fairtrade-Tages” an der CVS auch selber praktisch umsetzen: Das Einfilzen der Duftseifen sei als „Arbeiten mit den Händen eine super Erfahrung für Schüler: Wasser, Seife und Hand und ein Produkt entsteht“, ist sich Ursel Kolberg, eine Betreuerin dieses Projekts, sicher. Auch beim Herstellen von Bienenwachstüchern als Ersatz für Einweg-Frischhaltefolie oder beim Nähen von Geschenkverpackungen aus Altkleiderresten und Kordeln aus Wollresten ging es nicht wie sonst häufig im Unterricht um rein theoretische Überlegungen, sondern um die Schaffung von Produkten in eigener Handarbeit – und das sogar nachhaltig bzw. “fair”. In den Fluren roch es nach Café- fair gehandelt und biologisch-natürlich: Auch der Weltladen aus Überlingen hatte einen Stand aufgebaut man konnte olfaktorisch und gustatorisch testen, ob man seine Sinne erzogen hat: Ertrage ich den Geschmack wirklicher Schokolade und schmecke ich, woher die Cashews kommen? Vielleicht hat der eine oder die andere hier mitgenommen, dass Geschmacksverstärker nicht nur Sinne belügen, sondern sie auch dauerhaft verbiegen… Im Hof und im ersten Stock gab es noch die Gelegenheit, sich spielerisch der Thematik zu nähern: Ob mit Kahoot digital den Mülllehrpfad zu erobern und dabei zu erkennen, dass Altdosen z.B. 500 Jahre brauchen um zu verrotten oder über das von Schülern entworfene Ressourcenspiel selbst eine Weltkonferenz einzuberufen und Geflüchteten die Aufnahme in sein Land zu genehmigen oder zu verweigern- es gab viel, was der Schülerschaft Gelegenheit gab, sich auszuprobieren. Das Memory-Spiel, die Bestimmung des ökologischen Fußabdrucks oder das Weltspiel führten zum inhaltlichen Hintergrund des Projekttages: Was eigentlich heißt denn “faires Wirtschaften”, was ist ein „fairer Kauf“ und was ist keiner? Wie kann man zum Unternehmer werden, der nachhaltiges Wirtschaften nicht nur als Strategie, sondern als Label vorweist? Antworten auf diese Fragen lieferten Unternehmen, die erfolgreich nachhaltige und “faire” Gedanken in ihr tägliches Wirtschaften integriert haben: „Jeder kann individuell etwas machen“, mit dieser Erkenntnis gründete das Team der Bodenseeliebe einen Fairtrade-Fashion-Shop, der Modeartikel aus Biobaumwolle und Recyclingpolyester herstellt- bewusst auch auf Klischees von Touristenartikeln verzichtet und stattdessen schlichte Öko-Siebdrucke verwendet. Aurhen, das Schmuckatelier in Überlingen stellte seine Spezialisierung auf faire Gewinnung von Rohmineralien vor, womit Umweltskandalen im Bergbau und der kriminellen Geldwäsche vorgebaut wird. Felix Durjeka machte deutlich, dass “faires Geld harte Arbeit“ sei, aber nur so der aktuell schlechte Ruf des Gold- und Edelsteinhandels verbessert werden könne. Was heißt faires Wirtschaften? Dieser Frage ging Nico Mäder vom Entwicklungs­pädagogischen Informations­zentrum Reutlingen (EPIZ) nach, der die Entwicklung des Mindestlohns im Zusammenhang mit dem Preisniveau verschiedener Länder darstellte: Die Frage, „was aber ist fair“ steht im Raum und die Antwort der Politik bleibt fragwürdig angesichts der Verteilung der Mittel für den fairen Handel: Jeder bekommt dasselbe, auch wenn dadurch Unterschiede erhalten bleiben: Dass ein Bergbauer ungleich höhere Kosten und Arbeitsstunden hat, Produkte herzustellen als einer, der ebenerdig sein Obst vom Baum zur Weiterverarbeitung transportiert, liegt in der Natur der Sache, gleichwohl bekommt er dieselbe finanzielle Unterstützung wie der andere. Als globale Einschränkung des fairen Handels machte Gisela Wohlfahrt als Mitarbeitende einer Menschenrechtsorganisation den vielerorts fehlenden Frieden aus:  In Kambodscha bleibe dieser ein Traum, der noch lange auf Erfüllung warte: Eindrücklich schilderte die Referentin sowohl ihre eigenen Erfahrungen mit dem diktatorischen Regime als auch Darstellungen aus dem Dokumentarfilm “A Cambodian Spring” aus dem Jahr 2017: Menschen, die sich aus Protest gegen die Regierung im Sand vergraben und daraufhin ins Gefängnis kommen, Schädelausstellungen der Regimegegner auf den „Killling-Fields“ und die Gewaltbereitschaft vieler Menschen („mangels Waffe schlagen sie Gegner so lange gegen den Baum, bis sie tot sind“). Sterben kann man überall, leider auch am Arbeitsplatz, wenn die Bedingungen beim Herstellen von Produkten eben nicht nur Seife und Wasser und Hand umfassen, sondern giftige Chemikalien, harte Arbeitszeiten, Unterernährung, so stellt es der eingangs zitierte Film dar. Wenn es jemanden wirklich interessiert, ob ein Fairtradesiegel auch fair ist, dann steht der Teilnehmerschaft seit diesem Tag ein Einkaufsführer zur Verfügung, das ist immerhin ein Start in die Welt bewussteren Konsums. „Eine Welt, die Platz für die Öffentlichkeit haben soll, kann nicht nur für eine Generation errichtet oder nur für die Lebenden geplant sein; sie muss die Lebensspanne sterblicher Menschen übersteigen“ (Hanna Arendt): damit eine solche Welt entstehe, braucht es jeden einzelnen, der (mit)denkt, (mit)fühlt und (mit)handelt. Das ist eine Erkenntnis von vielen, die dieser 26. Juli 2022 geben konnte.