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Deutschland und die Philippinen – trügerische Distanz

Die bittere Lebenswirklichkeit missbrauchter Kinder und Jugendlicher auf den Philippinen brachte am 4. April 2014 Pater Shay Cullen, Leiter der Organisation PREDA, Oberstufenschülern des Gymnasiums am Rotenbühl nahe. Die philippinische Kinderschutzstiftung PREDA (People`s Recovery, Empowerment and Development Assistance Foundation) widmet sich seit 40 Jahren den Themen Umweltschutz, Fair Trade und Menschenrechte, die aufgrund ihrer engen Verzahnung eine sinnvolle Einheit bilden. Ein bereits gelingender fairer Handel mit Mangoprodukten verschafft den Beteiligten eine wichtige finanzielle Unterstützung. Dabei steht der wohlklingende Begriff “Fair Trade” in krassem Gegensatz zu einem Handel, der einen Teil der Wirtschaftskraft der Philippinen ausmacht – dem ausufernden sexuell motivierten Menschenhandel, der alleine durch die Beschaffenheit der gehandelten “Ware Mensch” an Unfairness und Abscheulichkeit kaum zu überbieten ist.

Aufmerksam folgten Schüler, Lehrer und die Schulleiterin des GaR einem kurzen Video, das die Arbeit der Organisation PREDA vorstellt. Die Bilder von in Gefängniszellen eingepferchten Jungen und Mädchen und die Berichte von zwangsprostituierten Kindern und Frauen waren erschütternd. Doch nichts zeigte so eindringlich Ohnmacht, Hoffnungslosigkeit und erlittenen Missbrauch wie die Augen in den jungen Gesichtern, die zwischen Gitterstäben und aus Bordellen heraus direkt in den geschützten Raum unserer Wohlstandsgesellschaft zu blicken schienen.

Pater Shay Cullen bestätigte, dass ein Ziel seiner Reisen darin besteht, Menschen in privilegierten Verhältnissen die Bedeutung von Wohlstand und gelebten Menschenrechten bewusst zu machen. Er betonte, wie wichtig es ist, eine Beziehung zu den Teilen der Welt herzustellen, in denen große Ungerechtigkeit herrscht. Lehrer und Schüler des Gymnasiums nutzten die verbleibende Zeit für Fragen an den Pater, die verschiedene Aspekte seiner Arbeit beleuchteten. Cullen ging auf die Aufgaben seiner Organisation ein, die nicht nur Not lindern und Perspektiven schaffen möchte, sondern auch die Ursachen der menschenunwürdigen Vorgänge beseitigen will. Die gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten auf den Philippinen haben ein günstiges Umfeld für Ausbeutung und Menschenhandel geschaffen. Erst die Beseitigung der Ursachen, die Einführung von Menschenrechten in die Landesgesetze, die Unabhängigkeit der Gerichte, die Bekämpfung der Korruption auf politischer und wirtschaftlicher Ebene werden dem organisierten Verbrechen den Nährboden entziehen.

All diese Voraussetzungen sind in Deutschland bereits geschaffen und auch unser wirtschaftlicher Wohlstand ist im Vergleich zu den Philippinen immens. Ergibt sich daraus ein gelingendes Leben in Freiheit und Frieden? Pater Shay nimmt den Zuhörern im Klassensaal diese Illusion. Ohne Zorn und mit großem Ernst erklärt er, jeder Mensch sei Versuchungen ausgesetzt und es gebe keine Garantie, ihnen immer zu widerstehen. Deutsche Männer machten einen Großteil der Sextouristen aus, die auf den Philippinen und in anderen Ländern an der Ausbeutung von Kindern und Frauen teilhaben. Deutsche Rechtsprechung und die Legalisierung der Prostitution in unserem Land habe zu einem regen Menschenhandel geführt, der vor allem Frauen aus Osteuropa in die Fänge der Zwangsprostitution und in deutsche Bordelle bringe. Seine Botschaft an uns leitet er aus dem christlichen Evangelium ab – wir sind aufgerufen, uns unsere eigenen Versuchungen und unsere Verantwortung bewusst zu machen, die nicht an den Grenzen Deutschland endet.

(Anne Kilger)