Der Fair-trade-Tag am 10. Oktober 2014 am Anne-Frank-Gymnasium wurde von einem Vorbereitungsteam als Beitrag zur „Woche der Gesundheit und Nachhaltigkeit“ gestaltet.
Zunächst startete das AFG Erding gesund und fair in den Projekttag, denn neben interessanten Planspielen, Filmen und Projekten zu verschiedenen Themen von Fair Trade und ökologischem Bewusstsein hatte die Schule mit Hilfe des „AK Feste“ ein ausgewogenes Frühstück für alle Schüler der Klassen 5 bis 12 geplant.
Dafür war eine umfangreiche Logistik erforderlich.
Bei knapp tausend Schülern musste natürlich an viel Verpflegung gedacht werden, weswegen die Helfer schon den vorigen Tag damit verbrachten, einen Teil der eingekauften fairen Produkte in den Klassenzimmern zu verteilen.
Um einen Eindruck der nötigen Menge zu vermitteln, sind hier die aus dem Weltladen herangeschafften Produkte aufgelistet:
205 Liter Orangensaft, 40 Gläser Nusscreme, 120 Beutel Müsli, 15 Beutel Bio-Instant-Kakao,
2 Packungen Früchtetee, 5 Packungen Schwarztee und Kaffee, 3 Packungen Rohrzucker, 10 Beutel kleine Schokotafeln, 40 Tafeln Schokolade.
Weiterhin wurden 200 l frische Milch und einige kg Butter aus regionalem Bio-Handel geliefert und faire Bananen gekauft. Ein Bauernhof spendete knackige Äpfel, die natürlich „bio“ waren und deshalb nicht so poliert aussahen wie die, die manch einer gewohnt ist.
Am Morgen kamen noch die bestellten knapp tausend Vollkornsemmeln hinzu.
Selbst hergestellte Marmelade wurde von den Schülern mitgebracht.
Kaffee, Tee und Kakao wurden am Morgen in der Schulkantine frisch zubereitet und die Mitglieder des „AK Feste“ hatten alle Hände mit der Verteilung zu tun.

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Eine Schülermeinung dazu:
Wir möchten sagen, dass uns die Idee zum „fairgnüglichen Frühstück“ sehr gut gefallen hat. Dieses Projekt könnte durchaus jährlich an der Schule veranstaltet werden. Die Kosten in Höhe von 3,- € sind für jeden eine bezahlbare Summe und eine Selbstverständlichkeit, da das Projekt ja finanziell unterstützt werden muss.
Die Brötchen aus regionalem Handel mit der fairen Schokoladencreme bzw. den mitgebrachten selbstgemachten Marmeladen ergaben eine fabelhafte Kombination, ergänzt durch Müsli, Orangensaft und dem Angebot an Heißgetränken, wie Tee, Kakao, oder Kaffee (alles aus dem Weltladen). Eine Panne gab es lediglich bei der bestellten Butter aus regionalem Handel.

Es folgt die Beschreibung durch Schüler der Projekte, die anschließend in den verschiedenen Jahrgangsstufen durchgeführt wurden:

5. und 6. Jahrgangsstufe:
Wir erfuhren viel Interessantes über Schokolade: Sie schmeckt lecker, hilft gegen Traurigkeit und früher wurde sie sogar als Medizin verwendet. Schokolade ist bei uns nicht teuer. Schlimm ist aber, dass zur Ernte und Verarbeitung der Kakaobohnen in westafrikanischen Ländern oft Kinder wie Sklaven schuften müssen; viele werden verschleppt und von ihren Familien getrennt. Sie wissen meist gar nicht, wie das Endprodukt Schokolade schmeckt. Faire Schokolade ist teurer, gibt aber den Familien ein faires Einkommen.

7. Jahrgangsstufe:
Unser Thema war faire Baumwolle und Kleidung. Mit dem Projekt „Marken, Mode und Moneten“ informierten wir uns über Kinderarbeit in der Textilindustrie. Bei vielen Kleinunternehmen in Indien, die als Zulieferfirmen dienen, werden die Standards zum Schutz der Kinder und auch Erwachsenen noch nicht immer überwacht und eingehalten, damit die Löhne niedrig gehalten werden können. Auf einer Weltkarte verfolgten wir den langen Weg einer Jeans. Auf den verschiedenen Stationen ihrer Fertigung legt sie Tausende von Kilometern zurück, bevor sie bei uns verkauft wird, dabei geraten die Arbeiter oft mit giftigen Substanzen in Berührung. Wenn uns die Jeans nicht mehr gefällt, geht sie erneut auf Reisen – nach Afrika. Dort wird sie weiterverkauft; dadurch leiden aber die einheimischen Textilfirmen, weil sie ihre Produkte nicht verkaufen können.

8. Jahrgangsstufe:
Manchen von uns hat der Projekttag die Augen geöffnet. Wir konnten sehen, dass in der Baumwollindustrie z. T. schlimme Bedingungen herrschen. Mit dem „Stationenlauf zur Baumwolle“ erfuhren wir, wie viele Anteile vom Verkaufspreis die Materialkosten, die Löhne, der Transport, die Markenfirma und der Einzelhandel ausmachen.
Man kann darauf achten, Nahrungsmittel und Kleidung aus fairem Handel zu kaufen. Man hat dann schließlich ein gutes Gefühl, wenn man weiß, dass gerechtere Bezahlung und einigermaßen gute Arbeitsbedingungen herrschen.

9. Jahrgangsstufe:
Am Fair-trade-Tag führten wir das„Weltspiel“ durch, bei dem wir Fläche, Einwohnerzahl, Energieverbrauch, Wohlstand und den ökologischen Fußabdruck der einzelnen Kontinente schätzen sollten. Dafür schrieben die Schüler auf sechs Plakate die Namen der Kontinente: Nordamerika, Südamerika, Afrika, Asien, Europa und Australien. Anschließend gab es verschiedene Kategorien, wie zum Beispiel die Weltbevölkerung, die Welternährung und das Welteinkommen. Diese Kategorien sollten die Schüler entsprechend dem prozentualen Anteil mittels Stühle, Papiergeld, Bohnen, Luftballons und aufgezeichneten Fußabdrücke veranschaulichen.
Dabei kamen wir zu teils überraschenden Ergebnissen: So decken Europa und Amerika allein schon mehr als die Hälfte des globalen Energieverbrauchs. Auch produziert Afrika zum Beispiel nur 1/6 der Nahrungsmittel von Ozeanien, obwohl es eine mehr als dreieinhalb so große Fläche besitzt. Die Ergebnisse wurden auf Plakaten veranschaulicht.
Am erschreckendsten für uns war jedoch, dass, wenn die Menschheit so weiter machen würde wie bisher, wir im Jahr 2030 zwei Erden bräuchten, um unseren Ressourcenverbrauch zu decken. Zusammenfassend lernten wir also viel über die mangelnde Nachhaltigkeit der Industrienationen und die Probleme der Entwicklungsländer.
Abschließend sahen wir eine Film, der von der zentralen Rolle der Kartoffel als Grundnahrungsmittel handelte. So erfuhren wir, dass die über Jahrhunderte mühsam geschaffene Artenvielfalt durch die Monokultur von besonders ertragreichem Gemüse, das meist für viele Krankheiten und Schädlinge anfällig ist, zerstört wird. Die zum Schutz eingesetzten Pestizide schaden wiederum bei einer Überdosis dem Boden.
Dennoch haben die Bauern in der Nähe von Lima in Peru fast keine andere Wahl als die vorgegebenen Kartoffelsorten anzubauen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern.
Teils nachdenklich, teils froh über den etwas entspannteren Schultag verließen wir wie gewohnt nach der 6. Stunde das Schulhaus.

ProjekttagFT_3Die erstellten Plakate der Gruppenarbeit (Klasse 9e)

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10. Jahrgangsstufe:

Die Schülerinnen und Schüler der 10. Klassen haben mit Hilfe des Globupoly-Spiels, das modellhaft die Regeln des freien Weltmarktes abbildet, quasi am eigenen Leib die Ungerechtigkeit und Ungleichverteilung in der Weltwirtschaft erfahren. Eingeteilt in sechs Länder (Gruppen à 4
bzw. 5 SchülerInnen) mussten sie so viel wie möglich Gewinn erwirtschaften. Dabei waren die Rohstoffe (hier Papier) und Maschinen (Lineale, Zirkel, Geodreiecke, Bleistifte) entsprechend den drei Kategorien „Entwicklungsland“, „Schwellenland“ und „Industrieland“ ungleich verteilt, was die Schülerinnen und Schüler allerdings nicht wussten.
Nach gut 40 Minuten Produktion, Handel mit Rohstoffen und Maschinen sowie Verkauf produzierter Waren am Weltmarkt wurde abgerechnet. Und heraus kam, was herauskommen musste: Die Entwicklungsländer hatten zwar oft anzahlmäßig die meisten Waren produziert, aber auf Grund ihrer schlechten Ausstattung mit Maschinen nur den geringsten Gewinn erwirtschaftet. Die Industrieländer dagegen konnten ihre High-Tech-Ausstattung nutzen, um hochwertige Produkte herzustellen, die wesentlich gewinnbringender verkauft werden konnten.
Nach einer eingehenden Besprechung der aufgekommenen Emotionen – natürlich fanden die betreffenden Schüler ungerecht, dass sie keine Chancen hatten! – wurde über weitere hinderliche Faktoren, wie zum Beispiel die ungünstigen politischen Verhältnisse, gesprochen.
Die zentrale Erkenntnis dabei war: Es gibt keinen großen Weg, die Welt zu verbessern. Das System des globalisierten, ausbeutenden Kapitalismus ist zu mächtig. Trotzdem kann man im Kleinen und im Persönlichen gegensteuern. Deshalb wurden den SchülerInnen in einem Film vier Firmen vorgestellt, die nicht allein nach dem Prinzip der Gewinnmaximierung handeln, sondern sich für faire Löhne, Nachhaltigkeit und Umweltschutz einsetzen. Eine abschließende Diskussion über die Glaubwürdigkeit der im Film vorgestellten Firmen führte zu einer nochmaligen Auseinandersetzung mit wirtschaftsethischen Grundwerten, wie Achtsamkeit, Wertschätzung von Mensch, Tier und Umwelt, nachhaltigem Wirtschaften, Verantwortung für kommende Generationen.

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Oberstufe:

Die Q12 des Anne-Frank Gymansiums Erding versammelte sich in der Aula, um zum Start in den fairen Tag gemeinsam zu frühstücken. Danach wurden die 110 Schüler in ihre Geschichtskurse aufgeteilt und verbrachten den Rest des Tages in den Gruppen in verschiedenen Klassenzimmern. Zuerst wurde ein kurzer Ausschnitt einer Fernsehshow gezeigt, in der es über den „ökologischen Fußabdruck und Rucksack“ ging. Ersterer berechnet die Land- und Wasserflächen, die jeder durch Konsum von Gütern und Dienstleistungen beansprucht. Somit kann man berechnen, inwiefern die biologisch produktiven Flächen der Erde durch jeden Einzelnen in Anspruch genommen werden. „Der ökologische Rucksack“ soll das Gewicht, das ein Produkt auf seinem Weg der Produktion verursacht, ausdrücken, so „wiegt“ zum Beispiel ein modernes Smartphone 75 kg, gemessen an dieser Skala. Zur Information bekamen wir danach noch Arbeitsblätter und diskutierten z.B über die Definition von Lebensqualität und -grundlagen, wobei mein Kurs sich einig war, dass die Lebensqualität vom eigenen Glück und der Umwelt abhängt und die wichtigste Grundlage für unsere Gesellschaft Familie und Freunde sind.
Als Nächstes berechneten wir noch unseren eigenen ökologischen Fußabdruck, wobei der Durchschnitt bei ca. 3-4 Hektar pro Person in unserem Kurs lag, was zwar noch unter dem Durchschnitt eines Österreichers liegt, allerdings noch weit von den 1,8 Hektar entfernt ist, die jedem Einzelnen, umgerechnet auf die ganze Welt, zustehen.
Als letzten Punkt bildeten wir vier Gruppen, die sich mit der Verbesserung des „ökologischen Fußabdrucks“ in den Bereichen Wohnen, Ernährung, Mobilität und Güter beschäftigten. Zusammengefasst kann man dazu sagen, dass jeder Einzelne mehr darauf achten sollte, was und wie viel er konsumiert. Durch das Kaufen von fairen, regionalen und saisonalen Produkten und durch eine regelmäßige Kontrolle des eigenen Verbrauchs und Konsums könnte man den durchschnittlichen ökologischen Fußabdruck unseres Kurses, des Landes und der Welt um einiges verringern.

Eine vom letzten P-Seminar erarbeitete Ausstellung in der Aula bot für alle Schüler und Lehrer Informationen zum Thema „Fairer Handel“.

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Mit einer Menschenkette der SchülerInnen aus der 5. und 6. Jahrgangsstufe um den Sportplatz herum endete der Projekttag, der auch in der Lokalpresse große Würdigung erfuhr.
Deutungen der Schüler:
In der Produktionskette, z. B. von Schokolade, wissen die Ersten nicht, wo die Letzten stehen.
Die vielen Menschen, die sich an der Hand halten, zeigen die Verbundenheit aller Menschen, besonders der Jugendlichen.

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