Leider nein, sagt Tom Ferraz-Nagl von der EPIZ Reutlingen (Entwicklungspädagogisches Informationszentrum). Am 19. April 2018 hat Herr Ferraz-Nagl unserer Schule einen Besuch abgestattet und uns im Rahmen der Fair Trade AG etwas über die Herstellung und den Verkauf von Smartphones erzählt. Der sehr informative und zugänglich gestaltete Vortrag hat vielen Schülern die Augen geöffnet und uns unsere Smartphones in einem ganz neuen Licht sehen lassen.

Früher war alles besser sagt man immer. Früher gab es Festnetztelefone und die Kommunikation hat damit prima funktioniert. Warum wurden denn dann überhaupt Handys oder gar Smartphones entwickelt? Die Antwort darauf ist recht simpel: man wollte mobil, unabhängig und zeitsparend sein. Also wurde 1973 das erste Motorola Handy von Martin Cooper erfunden. Mit unseren heutigen Smartphones hatte dieses zwar nicht viel zu tun, doch es bedeutete einen Meilenstein in der Geschichte der Menschheit. Mittlerweile sind wir bei den Smartphones angekommen, bei denen die Funktion des Telefonierens bei den meisten Menschen schon lange nicht mehr an vorderster Stelle steht. Die Geräte werden immer aufwendiger und funktionaler, doch leider auch immer teurer.

 

Ein solches Gerät setzt sich hauptsächlich aus Metallen, Kunststoffen, Glas und Keramik zusammen. Vor allem die Metalle wie Coltan oder Gold sind Rohstoffe unserer Erde und müssen, um in Smartphones verbaut werden zu können, zunächst gewonnen werden. Zumeist passiert das in Ländern wie beispielsweise dem Kongo, indem hunderttausende Menschen ihren Lebensunterhalt durch den Kleinbergbau verdienen. Innerhalb von neun Monaten verdienen sie dabei 200 bis 300 Dollar und ihre Lebenserwartung liegt bei ca. 35 Jahren. Außerdem sind die Arbeitsbedingungen in den Minen verheerend und auch die Umwelt freut sich nicht gerade über die Ausbeutung, die ihr damit angetan wird.

Als ob das alles noch nicht schlimm genug sei wird durch diese Mienen, die oft von Rebellen geführt werden, der Terrorismus geschürt. Ganze Dörfer werden terrorisiert und die Überlebenden werden dazu gezwungen in den Mienen zu arbeiten. Kinder werden dabei nicht verschont. Um diesem Schicksal zu entkommen wird den Arbeitern, vor allem den jüngeren, angeboten Soldat zu werden. Da diese Menschen genau wissen, dass die Mienenarbeit eine sehr harte und fordernde Arbeit ist, nehmen sie diese „Chance“ an und werden somit zu einem Terrorinstrument der Rebellen. Den Kindern werden nun Drogen wie Kokain verabreicht und sie werden in ihre Dörfer geschickt, wo sie unter Drogeneinfluss sogenannte „Ballerpartys“ veranstalten, bei denen sie wild um sich schießen. Von diesen Gemetzeln werden Aufnahmen gemacht, die den Kindern, sobald sie wieder bei klarem Verstand sind gezeigt werden. Sobald sie sehen, dass sie selbst ihre Familien erschossen haben sind sie gebrochen und können leicht als Kindersoldaten eingesetzt werden.

Doch nicht nur im Bergbau gibt es diese fatalen Arbeitsbe- dingungen und Unterdrückung auch bei der Produktion in den meist asiatischen Fabriken, in denen hauptsächlich Frauen arbeiten, da sie feinmotorischer, leidensfähiger und leichter zu unterdrücken sind, läuft sehr viel falsch. Die Aufseher in den Fabriken sind Männer, was oftmals dazu führt, dass die Arbeiterinnen sexuell bedrängt und missbraucht werden. Die Frauen arbeiten 12-15 Stunden pro Tag, teilweise ohne Pausen. Wenn sie dennoch auf die Toilette gehen werden sie entlassen, da bereits viele andere Frauen darauf warten einen Job in einer solchen Fabrik zu erhalten. Warum ist das so? Warum wollen so viele Frauen einen solchen Job, wenn die Bedingungen in den Fabriken so schlecht sind? Ganz einfach. Die Frauen sind Wanderarbeiterinnen und müssen für ihre Familien sorgen, die ohne das Geld der Frauen nicht über die Runden kommen würden. Sie sind von den Fabriken abhängig. Dieser Druck, der auf den Frauen lastet, führt nicht selten zu Suiziden. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist der Elektronik- und Computerteilehersteller Foxconn. Das Unternehmen produziert für Apple, Samsung, Intel, Dell Sony, Microsoft und viele weitere Unternehmen. Nachdem 2010 in einer Fabrik in China 13 Selbstmorde durch Sprünge vom Dach der Fabrik geschehen sind und das Unternehmen hierfür stark kritisiert wurde, war eine der Maßnahmen, die Foxconn gegen weitere Vorfälle dieser Art traf, Fangnetze um das Gebäude herum zu spannen, um Selbstmorde zu verhindern.

In Zukunft wird es vermehrt eine automatisierte Produktion geben, wodurch die Menschen zwar nicht mehr in diesen Bedingungen arbeiten müssen, jedoch ihren Arbeitsplatz verlieren.

In jedem deutschen Haushalt liegen durchschnittlich sechs Handys irgendwo in einer Schublade herum, die nicht mehr aktiv in Gebrauch sind. Oft funktionieren diese noch, doch durch verschiedene Marketingstrategien werden trotzdem immer neue Smartphones gekauft. Dabei ist es erstaunlich zu sehen, wie sich beispielsweise Apple an der katholischen Kirche orientiert. Geht man in einen Apple Store ist das aktuellste und teuerste Produkt meist am anderen Ende des Geschäfts wie auf einem Altar ausgestellt. Auch das „Apple-Parfüm“, das einem unbemerkt entgegenströmt, sobald man die schwere und dadurch wertig wirkende Schachtel öffnet, soll die Loyalität des Käufers zur Marke sichern. Dadurch, dass wir uns immer neue Smartphones kaufen und unsere alten in irgendeiner Schublade vergammeln lassen, gehen jährlich 200kg Gold verloren, die wiederum in Mienen mit schlechten Arbeitsbedingungen gewonnen werden müssen. Das muss jedoch nicht sein. Es gibt verschiedene Sammelstellen, bei denen man die alten Geräte abgeben kann, um sie zu recyceln und die Rohstoffe wiederzuverwerten.

Jetzt wissen wir also, dass es viel Leid kostet, bis wir unser Smartphone in den Händen halten können, doch aufgeben wollen wir es dennoch nicht. Was also können wir tun, außer unsere alten Handys zu recyceln? Der ein oder andere wird vermutlich bereits vom „Fairphone“ gehört haben. Ein Smartphone, das zwar auch nicht alles richtig macht, jedoch deutlich fairer hergestellt wird als andere Geräte gängiger Marken. Wirtschaftsstudenten aus Amsterdam haben dieses Smartphone entwickelt, da sie sich genau dieselbe Frage gestellt haben und auf keine Antwort gekommen sind. Auch sie produzieren in China und obwohl die Bedingungen aus deutscher Sicht nicht optimal sind, halten sie sich an die chinesischen Gesetze und sind für die Menschen dort normal, da sie eine andere Wahrnehmung der Dinge haben. Mittlerweile gibt es bereits das Fairphone 2, das mit 529€ zwar nicht gerade günstig ist, doch im Vergleich zu den neusten Modellen von Apple, Samsung und Co immer noch in einem Preisrahmen liegt, den die Leute anscheinend bereit sind zu zahlen. Ein Fokus des modularen Smartphones liegt auf Langlebigkeit. Durch die sechs verschiedenen Module, die leicht austauschbar sind kann das Gerät schnell repariert werden und es muss nicht sofort ein neues gekauft werden. Das schont nicht nur die Umwelt sondern spart auf Dauer auch Geld, da es für den Endverbraucher um einiges günstiger ist ein neues Display zu kaufen als ein neues Smartphone.

Ein Smartphone zu 100% fair herzustellen ist leider eine recht utopische und sehr teure Vorstellung, doch das Fairphone geht in eine sehr gute Richtung und zeigt, dass die Nachfrage für fair hergestellte und gehandelte Elektrogeräte vorhanden ist. Was in der Zukunft in diesem Bereich noch passieren wird steht zwar noch in den Sternen, doch wir hoffen auf das Beste.

Anna Klaffschenkel, 12c