Tiberius Gracchus und der faire Welthandel

Ein Unterrichtsprojekt in Latein Klasse 7

Im Mai 2015 wurde im Lateinunterricht ein Text zu Tiberius Gracchus übersetzt. Im Anschluss daran beschäftigten sich die SchülerInnen zwei Unterrichtsstunden lang mit den historischen Hintergründen: nach dem 3. Punischen Krieg (149-146 v. Chr.) wurden die Kriegsgewinne ungleich verteilt, sodass die reichen Großgrundbesitzer immer reicher wurden, während viele Kleinbauern verarmten, weil sie ihr Land nicht mehr profitabel bewirtschaften konnten. Dies führte innerhalb weniger Jahre zu einer großen Landflucht und der Bildung eines Proletariats in Rom. Tiberius Gracchus versuchte 133 v. Chr. diesen Prozess durch eine Agrarreform aufzuhalten und umzukehren, die den Kleinbauern wieder ein Stück Land zurückgeben sollte. Dadurch hätten sie sich und ihre Familien wieder selbst ernähren können, statt dem Staat zur Last zu fallen. Außerdem hätte sich die Lage in Rom entspannt, die auf Aufstände und Bürgerkrieg hinsteuerte. Die Reform wurde jedoch von den mächtigen Landbesitzern verhindert, Tiberius Gracchus, der sich auch illegaler Mittel bedient hatte, wurde ermordet. Mittelfristig führte das Scheitern seiner Landreform zu einem Jahrhundert der Bürgerkriege in Rom.

Um die Aktualität des antiken Themas zu verdeutlichen, wurde anschließend in weiteren drei Stunden das Thema Fairtrade durchgenommen. Dabei zeigte sich, dass es auch heute noch viele Parallelen zur Lage in Rom gibt: Bauern bekommen keinen fairen Lohn für ihre Arbeit, müssen ihr Land aufgeben und strömen in die Slums der Großstädte. Auch die weiteren Folgen ähneln dem historischen Muster: Arbeitslosigkeit, Kriminalität, Aufstände und Bürgerkrieg, keine Zukunft für die junge Generation. Im Unterschied zu einer Landreform, die wir nicht beeinflussen können, läge ein Lösungsansatz heute im fairen Welthandel: bekämen die Bauern mehr Geld für ihre Produkte, könnte die Landflucht eingedämmt werden und die Kinder in Schulen geschickt werden.

Illustriert wurde das Thema durch Filmmaterial von fairtrade-deutschland.de und planet-wissen.de. Außerdem hörten die SchülerInnen einen Vortrag von Harriet Bruce-Annan, die in ihrem Projekt African Angel ein Kinderheim in einem Slum der ghanaischen Hauptstadt Accra leitet, das seit vielen Jahren vom Erich-Klausener-Gymnasium unterstützt wird. Dabei wurden ebenfalls die Folgen von Armut und Landflucht auf drastische Weise deutlich. Die SchülerInnen kamen zu der Erkenntnis, dass Spendengelder aus Deutschland bei African Angel gut angelegt sind, dass aber eine Veränderung des Welthandels eher eine langfristige Lösung des Armutsproblems wäre.

2015 Harriet Bruce-Annan bei der 7c

Bernhard J. Müller (Mai 2015)