An manchen Tagen stehen sie im großen Eingangsbereich unserer Schule. Dort bauen sie einen Stand auf mit allerlei Snacks, aber auch Kleinkunst und Infoflyern. Die Rede ist von – ihr ahnt es sicherlich – den engagierten Schülerinnen und Schülern sowie den Lehrer der Fairtrade-AG. Ganz unscheinbar stehen sie dort hinter ihrem Stand und freuen sich über den ein oder anderen neugierigen Blick (und am meisten, wenn dann auch noch was gekauft wird.) Fairtrade ist an unserer Schule ein großes Thema: So groß, dass wir uns offiziell „Fairtrade-Schule“ nennen dürfen. Zu verdanken haben wir diesen Titel der Fairtrade-AG und auch den Religionslehrern, die dieses wichtige Thema im Unterricht behandeln.

Ich bin an dieser Schule, weil ich eine Ausbildung zur Industriekauffrau mache. Mit „trade“ (=Handel) kenne ich mich also aus. Natürlich wird den Unternehmen Nachhaltigkeit immer wichtiger, aber im Berufsschulunterricht ist „fair“ ein Begriff, der im Fach Religion am häufigsten thematisiert wird. So hat auch meine Religionsklasse in einer Unterrichtsreihe das Thema „Fairtrade“ behandelt.

Klischeehaft für den Religionsunterricht schauten wir zum Einstieg einen Film. Das klingt erst mal nach „leichter Kost“ für die 7. und 8. Stunde an einem Montag, jedoch lagen uns all die schaurigen Inhalte wie ein Stein im Magen. „Blood in the mobile“ – ein ziemlich harmloser Titel für das, was wir dort gesehen und erfahren haben.

Der Film handelt von einem Reporter, der der Herkunft des Coltans (ein Erz, das für Handys und andere mobile Geräte benötigt wird) auf den Grund geht. Er landet in der Mine von Bisie (Kongo). Diese Mine ist, wie die allermeisten Minen für diese Erze, geleitet von korrupten Militärmachthabern und Warlords. Die „Arbeits“-Bedingungen sind für deutsche Arbeitnehmer schier unvorstellbar: Kinderarbeit, einstürzende, mit der Hand gegrabene Stollen, Sklaverei, Schießerei, Vergewaltigung und Tod. Ein grässliches Endzeitszenario, welches den Alltag für viele tausende Menschen in Afrika darstellt. Flucht ist zwecklos.

Was, um Himmels willen, hat das mit fair zu tun? Die Schocktherapie zeigte in unserer Klasse bald Wirkung. In den Reli-Stunden nach dem Film arbeiteten wir intensiv an den Zusammenhängen zwischen den Minen und unseren Handys – und vor allem an Alternativen. Denn wenn kein Hersteller mehr seine Erze aus diesen Minen bezieht, werden sie mit hoher Wahrscheinlichkeit geschlossen.

Was kannst du tun?

Der beste Weg, den Menschen in diesen Minen zu helfen, ist der Verzicht auf die Erze aus den Minen. Es gibt Handyhersteller, wie „Fairphone“ oder „Shift“, die nachweislich und zu 100% faire Rohstoffe verwenden und ihre Handys fair produzieren. Für den Leser, dem dieser Schritt fürs Erste zu radikal erscheint, gibt es auch Alternativen:  Kauft euch nicht alle zwei Jahre ein neues Handy, sondern beschränkt eure Käufe so gut es geht. Lasst eure Handys im besten Fall reparieren, um sie noch länger nutzen zu können und kauft, wenn ihr unbedingt kaufen müsst, nicht neu. (Gebrauchte Handys sind ohnehin günstiger.) Außerdem: bitte recycelt eure alten Geräte! Je mehr Erze aus alten Handys wiederverwendet werden können, desto weniger muss abgebaut werden. Wo? Na, zum Beispiel in eurer Schule. Wir an der BBS III haben einen Handykasten. Gebt einfach euer altes Handy dort ab (zu Hause verstauben die Dinger sowieso nur). Bitte denkt darüber nach, denn (so hart es klingt), Frauen und Männer werden weiterhin sterben, Zivilisten durch Anschläge im Bürgerkrieg getötet und obdachlos, Kinder versklavt und Frauen vergewaltigt, wenn wir unseren Konsum nicht verändern. Ich bin stolz, auf eine Fairtrade-Schule zu gehen und zu lernen, wie ich die Welt verbessern kann.

Übrigens habe ich mir auch an die eigene Nase gefasst: sobald mein altes (übrigens gebraucht gekauftes) Handy den Geist aufgibt, hole ich mir ein Shift-phone.

Auszubildende zur Industriekauffrau, 23 Jahre