Im Oktober 2019 reisten 8 Mitglieder der Fair Trade-AG des Freiherr-vom-Stein-Gymnasiums zusammen mit 3 Lehrer*innen zu unseren Partnerschule in Tansania. Die Edmund Rice Sinon Secondary School in Arusha wird durch die Einnahmen der Arbeitsgemeinschaft seit der AG-Gründung unterstützt. In mehreren Episoden wird nun über die vielen Fair Trade-Aktionen vor Ort in einer Rückschau berichtet.

Fairtrade-Standards in Kunstwerken

Lehrer Bryson Simba hatte den Kontakt zu einer Gruppe von Kleinbauern in Kerikeni, Mbuguni in der Region Manyara hergestellt. Sie produzieren Maniok, ein besonders stärkehaltiges Wurzelgemüse, welches in Tansania insbesondere für die arme Bevölkerung ein Hauptnahrungsmittel darstellt. Die Kleinbauern bekundeten großes Interesse am Fairen Handel und wünschten sich, von uns weitere Informationen zu erhalten. Da nur wenige von ihnen lesen können und kein einziger Englisch spricht, stellte das bloße Austeilen einfacher Infoblättern von Fair Trade Arica keine Option dar. Selbst die allgegenwärtige Landessprache Kisuaheli ist in dieser ländlichen Region nicht allen bekannt. Somit entschieden wir alle gemeinsam, 7 Kunstwerke zur bildhaften Darstellung der Kriterien für Produzenten anzufertigen.

Spaßige Abende an den Leinwänden

Die Präsentation vor Ort und die Vorbereitung dessen waren natürlich das Hauptprojekt unserer Reise. Im Gedächtnis geblieben sind viele Stunden, in denen wir über mehrere Tage – perfekt betreut von Fine Art teacher Goliati Nkana – gemeinsam in bunt durchmischten Gruppen lange und witzige Gespräche führten und dabei 7 Kunstwerke erstellten, auf die wir am Ende mächtig stolz waren. Insbesondere unsere tansanischen Freundinnen und Freunde bewiesen großes künstlerisches Talent.

Anreise über überschwemmte Straßen

Da in diesem Jahr die Hauptregenzeit im April ausgeblieben war, regnete es in der sogenannten “kleinen Regenzeit” während des tansanischen Frühjahrs Ende Oktober/Anfang November umso mehr. Was ein großes Glück für die lokale Bevölkerung, die zu einem Großteil im landwirtschaftlichen Sektor tätig ist darstellte, bedeutete für unsere Anfahrt eine große Herausforderung. Aufgrund großer Überschwemmungen glichen gleich mehrere Anfahrtsstraßen einer Bootsfahrt durch ein Flußbett (siehe Bild). Zum Glück hatten wir uns für die teureer Version des Leihbuses entschieden, der in der Tat den Wassermassen standhielt. 2 Jahre gesperrt Letztlich erreichten wir trocken das zu Mbuguni gehörende Dorf Kerikeni und wurden an der örtlichen Grundschule herzlich empfangen. Gemeinsam mit 3 für diesen Tag extra freigestellten Schüler*innen der ERSSS, dem stellvertretenden Schulleiter Ambrose Bashayija, Kunstlehrer Goliati Nkana und Bryson Simba betraten wir einen gut gefüllten Klassenraum. Die Bauern waren abgemagert, trugen zum großen Teil stark beschädigte Kleidung. Dann erfurhen wir den Frund für ihre missliche Lage. Über 2 Jahre waren sie für sämtliche Verkäufe auf tansanischen Märkten gesperrt. Ein Schädling hatte ihre Maniokpflanzen befallen und die Regionale Verwaltung befürchtete, dass sich dieser verbreiten könne. Die Sperre war glücklicherweise gerade abgelaufen und die Landwirtinnen und Landwirte waren somit hochmotiviert und offen für neue Ideen.

Leidenschaftliche Diskussion

Als wir – visuell durch die Kunstwerke gestützt – mit unseren Vorträgen begannen, ergaben sich sofort viele Fragen und sowohl die tansanischen Schüler*nnen als auch die Lehrer unserer Partnerschule mussten fleißig übersetzen. Obwohl die Bauern entweder ihre Stammessprache oder/und Kisuaheli sprechen, konnten wir die wesentlichen Vorteile und Pflichten für Fairtrade Produzenten verdeutlichen. Auch die Philiosophie des gerechten Handels wurde leidenschftlich diskutiert. Da wir es jederzeit deutlich machten, dass eine offizielle Zertifizierung erst am Ende eines langen Prozesses stehen würde, wurden vor allem grundsätzliche Vorteile thematisiert, die sich in einer Kooperative auch ohne Fairtrade-Logo ergäben. “This is a decision for our future generations” Inmitten dieser Diskussionsrunde erhab ein älterer hagerer Maniokbauer namens Juma derart mitreißend und bestimmt seine Stimme, dass plötzlich alle applaudierten. Als uns Jumas Aussage übersetzt wurde, wussten wir warum – er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen: “This is not a decision for today. It is not a decision we make for tomorrow. This, my friends, is a decision for our future generations.”

Demokratische Wahl mit eindeutigem Ergebnis

Eigentlich hatten wir unseren Gastgeber*innen dazu geraten, sich all dies erst einmal durch den Kopf gehen zu lassen, doch nach Jumas Worten war der Fall klar. Es kam zeitnah zu einer demokratischen Abstimmung und in der Tat, die Bauern gründeten ihre eigene Kooperative. Es wurden mehrere Vertreter*innen gewählt, die auch direkt ein paar Worte an alle richteten. Immer noch kamen viele Fragen auf und wir versuchten unser Bestes, um diese zu beantworten.  Zum Abschluss haben wir die Kunstwerke der gesamten Gruppe zum Verbleib im örtlichen Ratssaal überlassen, in der Hoffnung, dass sich die Kerikener damit auch in Zukunft besser an die besprochenen Inhalte erinnern können.